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Ernährung verändert die Gene des ungeborenen Kindes und wirkt sich auf dessen Gesundheit aus

Die Ernährungsepigenetik, die Untersuchung, wie unsere eigene Ernährung und die Ernährung unsere Eltern und Großeltern unsere Gene beeinflusst, könnte Anreize für bessere Ernährungsentscheidungen geben.

Quelle: The Defender ursprünglich veröffentlicht am 24. April 2024
Von Nathaniel Johnson, Ph.D., Hasan Khatib, Ph.D., und Thomas D. Crenshaw, Ph.D.


Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich das Verständnis der Forscher über die Genetik grundlegend verändert.

Nach dem ursprünglichen Modell der Genetik, das 1865 vom Biologen Gregor Mendel 1865 entwickelt wurde, galten Gene, unsere DNA, die hauptsächlich für unsere körperlichen Eigenschaften verantwortlich sind, als unveränderlich.

Dies bedeutet, dass man davon ausging, dass Gene von der Umwelt eines Menschen weitgehend unbeeinflusst bleiben. Mit dem Aufkommen der Epigenetik im Jahr 1942 wurde diese Vorstellung zerstört.

Unter Epigenetik versteht man Veränderungen der Genexpression, die ohne Veränderung der DNA-Sequenz erfolgen. Einige epigenetische Veränderungen betreffen Aspekte der Zellfunktion, wie zum Beispiel jene, die mit dem Alter verbunden sind.

Allerdings beeinflussen auch Umweltfaktoren die Genfunktion. Das Verhalten der Menschen wirkt sich auf ihre Genetik aus. Eineiige Zwillinge entwickeln sich beispielsweise aus einer einzigen befruchteten Eizelle und haben daher die gleiche genetische Ausstattung. Wenn die Zwillinge heranwachsen, kann sich ihr Erscheinungsbild aufgrund verschiedener Umwelteinflüsse ändern. Der eine Zwilling ernährt sich vielleicht gesund und ausgewogen, der andere ungesund, wodurch Unterschiede in der Ausprägung ihrer Gene entstehen, die eine Rolle bei der Fettleibigkeit spielen und dazu beitragen, dass der Körperfettanteil bei den Zwillingen unterschiedlich ist.

Einige dieser Faktoren, wie etwa die Luftqualität, können durch die Menschen nicht beeinflusst werden. Andere Faktoren bieten dem Menschen jedoch mehr Eingriffsmöglichkeiten: körperliche Aktivität, Rauchen, Stress, Drogenkonsum und Umweltverschmutzung, z. B. durch Plastik, Pestizide und die Verbrennung fossiler Brennstoffe, einschließlich Autoabgase.

Ein weiterer Faktor ist die Ernährung, aus der sich der Teilbereich der Ernährungsepigenetik entwickelt hat. Diese Disziplin befasst sich mit dem Gedanken „Du bist, was du isst“ und „Du bist, was deine Großmutter aß“. Mit anderen Worten, die Ernährungsepigenetik befasst sich mit der Frage, wie unsere Ernährung und die unserer Eltern und Großeltern unsere Gene beeinflusst. Da die Ernährungsentscheidungen, die eine Person heute trifft, sich auf die Gene ihrer zukünftigen Kinder auswirken, kann die Epigenetik Ideen für bessere Ernährungsmöglichkeiten liefern.

Wir arbeiten beide im Gebiet der Epigenetik. Einer von uns untersucht, wie Ernährungs- und Lebensstilentscheidungen dazu beitragen können, dass Menschen gesund bleiben. Wir sind Väter, womit unsere Arbeit auf diesem Gebiet unsere ohnehin schon intime Vertrautheit mit der transformativen Kraft der Elternschaft nur noch verstärkt.

Hungersnot als Ursache

Die Wurzeln der ernährungswissenschaftlichen Epigenetikforschung lassen sich bis zu einem ergreifenden Kapitel der Geschichte während des niederländischen Hungerwinters in der Endphase des Zweiten Weltkriegs, zurückverfolgen.

Während der Besetzung der Niederlande durch die Nazis war die Bevölkerung gezwungen, mit Rationen von 400 bis 800 Kilokalorien pro Tag zu leben, was weit von der typischen 2.000-Kilokalorien-Diät entfernt war, die von der U.S. Food and Drug Administration als Standard verwendet wird. Infolgedessen starben etwa 20.000 Menschen und 4,5 Millionen waren unterernährt.

Studien ergaben, dass die Hungersnot epigenetische Veränderungen an einem Gen namens IGF2 verursachte, das mit Wachstum und Entwicklung zusammenhängt. Diese Veränderungen verhinderten das Muskelwachstum bei den Nachkommen (Kinder und Enkelkinder) der derzeit schwangeren Frauen, die die Hungersnot überlebten. Bei den nachfolgenden Generationen führte diese Veränderung zu einem erhöhten Risiko für Fettleibigkeit, Herzerkrankungen, Diabetes und für ein niedriges Geburtsgewicht.

Diese Ergebnisse markierten einen Wendepunkt in der Epigenetikforschung und zeigten deutlich, dass Umweltfaktoren, wie eine Hungersnot, zu epigenetischen Veränderungen bei den Nachkommen führen können, die zudem schwerwiegende Auswirkungen auf deren Gesundheit haben.

Die Rolle der Ernährung der Mutter

Bis zu dieser bahnbrechenden Arbeit glaubten die meisten Forscher, dass epigenetische Veränderungen nicht von einer Generation an die nächste weitergegeben werden können. Vielmehr gingen die Forscher davon aus, dass epigenetische Veränderungen durch frühzeitige Expositionen auftreten können, beispielsweise während der Schwangerschaft – einer sehr anfälligen Entwicklungsphase. Daher konzentrierte sich die erste epigenetische Ernährungsforschung auf die Nahrungsaufnahme während der Schwangerschaft.

Die Erkenntnisse aus dem holländischen Hungerwinter wurden später durch Tierstudien untermauert, die es den Forschern ermöglichten, die Fortpflanzung der Tiere zu kontrollieren, was dazu beitragen konnte, Hintergrundvariablen zu berücksichtigen. Ein weiterer Vorteil für die Forscher bestand darin, dass sich die in diesen Studien verwendeten Ratten und Schafe schneller vermehren als Menschen, was zu schnelleren Ergebnissen führte. Darüber hinaus konnten die Forscher die Ernährung der Tiere während ihrer gesamten Lebensspanne vollständig kontrollieren, so dass bestimmte Aspekte der Ernährung manipuliert und untersucht werden konnten. Zusammengenommen ermöglichten diese Faktoren den Forschern, epigenetische Veränderungen bei Tieren besser zu untersuchen als beim Menschen.

In einer Studie setzten die Forscher trächtige weibliche Ratten einem häufig verwendeten Fungizid namens Vinclozolin aus. Als Reaktion auf diese Exposition zeigte die erste danach geborene Generation eine verringerte Fähigkeit, Spermien zu produzieren, was zu einer erhöhten männlichen Unfruchtbarkeit führte. Entscheidend war die Entdeckung, dass diese Auswirkungen, ebenso wie die der Hungersnot, an die nachfolgenden Generationen weitergegeben wurden.

Obwohl diese Studie für die Gestaltung der Ernährungsepigenetik von herausragender Bedeutung ist, ignorierte sie andere Entwicklungsstadien und ließen die Rolle der Väter bei der epigenetischen Vererbung ihrer Nachkommen völlig außer Acht. Eine neuere Studie an Schafen zeigte jedoch, dass eine väterliche Ernährung mit der Aminosäure Methionin, die von der Geburt bis zum Absetzen verabreicht wurde, das Wachstum und die Fortpflanzungsmerkmale der nächsten drei Generationen beeinflusste. Methionin ist eine essentielle Aminosäure, die an der DNA-Methylierung beteiligt ist. Dies ist ein Beispiel für eine epigenetische Veränderung.

Gesunde Entscheidungen für künftige Generationen

Diese Studien zeigen, dass die Ernährung der Eltern einen nachhaltigen Einfluss auf ihre Kinder und Enkelkinder hat. Sie dienen auch als starker Motivator für angehende Eltern, sich gesünder zu ernähren, denn die Ernährungewohnheiten der Eltern beeinflussen die Ernährung ihrer Kinder.

Ein Gespräch mit einem Ernährungsexperten, z. B. einem amtlich registrierten Diätassistenten, kann evidenzbasierte Empfehlungen für eine praktische Ernährungsumstellung für Einzelpersonen und Familien liefern.

Es gibt immer noch viele unbekannte Elemente, wie sich die Ernährung genau auf unsere Gene auswirkt. Aber Angesichts der Forschungsergebnisse zur Ernährungsepigenetik, gibt es genug Gründe, um über eine Änderung des Lebensstils nachzudenken.

Forscher wissen bereits viel über die westliche Ernährung, die viele Amerikaner zu sich nehmen. Die westliche Ernährung ist reich an gesättigten Fettsäuren, Natrium und zugesetztem Zucker, aber arm an Ballaststoffen. Es überrascht nicht, dass die westliche Ernährung mit negativen gesundheitlichen Folgen wie Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einigen Krebsarten in Verbindung gebracht wird.

Beginnen Sie damit, mehr vollwertige, unverarbeitete Lebensmittel, insbesondere Obst, Gemüse und Vollkornprodukte zu essen und weniger verarbeitete Lebensmitteln oder Fertiggerichte, wie Fast Food, Chips, Kekse und Süßigkeiten, Fertiggerichte, Tiefkühlpizza, Dosensuppen und gesüßte Getränke.

Diese Ernährungsumstellung ist für ihren gesundheitlichen Nutzen bekannt und wird in den Ernährungsrichtlinien für die Amerikaner 2020-2025 und von der American Heart Association beschrieben.

Vielen Menschen fällt es schwer, ihren Lebensstil zu ändern, vor allem, wenn es um Lebensmittel geht. Die Motivation ist ein Schlüsselfaktor bei der Durchführung dieser Veränderungen. Glücklicherweise können hier Familie und Freunde helfen. Sie üben einen großen Einfluss auf die Lebensstilentscheidungen aus.

Auf breiterer, gesellschaftlicher Ebene sollte jedoch die Ernährungssicherheit, d.h. die Möglichkeit den Menschen einen Zugang zu gesunden, erschwinglichen Lebensmitteln zu gewährleisten, eine entscheidende Priorität für Regierungen, Lebensmittelhersteller und -händler sowie gemeinnützige Gruppen darstellen. Mangelnde Ernährungssicherheit wird mit epigenetischen Veränderungen in Verbindung gebracht, die negative gesundheitliche Folgen wie Diabetes, Fettleibigkeit und Depressionen haben können.

Durch relativ einfache Änderungen des Lebensstils können wir die Gene unserer Kinder und Enkelkinder erheblich und messbar beeinflussen. Wenn Sie also auf eine Tüte Chips verzichten und sich stattdessen für Obst oder Gemüse entscheiden, sollten Sie daran denken: Es ist nicht nur für Sie, sondern auch für die kommenden Generationen.

Ursprünglich veröffentlicht von The Conversation.

Nathaniel Johnson, Ph.D., ist Assistenzprofessor für Ernährung und Diätetik an der Universität von North Dakota.

Hasan Khatib, Ph.D., ist außerordentlicher Lehrstuhlinhaber und Professor für Genetik und Epigenetik an der Universität von Wisconsin-Madison.

Dr. Thomas D. Crenshaw ist Professor für Tier- und Molkereiwissenschaften an der Universität von Wisconsin-Madison.

Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten und Meinungen sind die der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten von Children’s Health Defense wider.

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